Bedrohte Rheinauen bei Karlsruhe

Beton statt Biodiversität?

Die Planung einer weiteren Rheinbrücke für den Autoverkehr droht die Reste einer einstmals reichen und vielfältigen Auenlandschaft weiter zu zerstören.

In den Rheinauen nördlich Karlsruhe gibt es noch letzte Naturjuwele. Zu Fuß oder mit dem Rad kann man in die Rheinauenlandschaft eintauchen. Hier gibt es Vogelschutz- und FFH-Gebiete und sogar einen Brutplatz des Purpurreihers. Und genau dort soll nach dem Willen der Straßenplaner bald eine weitere Straßenbrücke den Rhein überqueren und eine vierspurige Straße verlaufen.

Was vom Wildstrom übrigblieb

Einst war die Region eine dynamische Landschaft mit immer wieder sich verlagerndem Flusslauf und unzähligen Inseln. Seit dem 19. Jahrhundert hat sich das Gesicht des Oberrheins grundlegend verändert. Um die Schiffbarkeit zu verbessern, ließ man Rheinschlingen durchstechen und Dämme errichten, der Fluss wurde begradigt. Der so genannte moderne Oberrheinausbau zwischen 1928 und 1977 brachte neue Staustufen und Seitendämme. Hunderte Quadratkilometer Überschwemmungsfläche gingen dadurch verloren. Wo früher das Wasser die Landschaft und damit auch die Lebensräume von Eisvogel und Uferschwalbe von Jahr zur Jahr neu formte, sind nur noch kleine Restflächen übrig. Von den ursprünglichen Auwaldflächen sind geschätzt zwei Prozent verblieben. Kiesabbau und Industrieanlagen haben sich breit gemacht. So beispielsweise die Karlsruher Ölraffinerie mit einer Fläche von über 450 Hektar. Veränderungen in der Landwirtschaft und hoher Besucherdruck durch Erholungssuchende und Angelsport setzen der Natur zu. Maisanbau und Sonderkulturen prägen vielerorts die vom Fluss abgeschnittene Altaue. Zunehmend verschwindet das artenreiche Grünland, störungsarme Schilfgebiete werden rar.

Reiches Leben auf engstem Raum

Und trotz aller Bedrohungen sind die verbliebenen Auenreste Hotspots der Biologischen Vielfalt, ehemals häufigen Arten dienen sie als letzte Rückzugsorte. Eingezwängt zwischen Automobilwerk, Papierfabriken und Raffinerie, bedrängt von Bundesstraße und Eisenbahn, die den Rhein queren, ruft noch der Laubfrosch, brütet der Schwarzmilan. Den strukturreichen Röhrichtflächen auf der linken Rheinseite wird sogar nationale Bedeutung beigemessen: Sie sind Fortpflanzungsstätten für seltenste Schilfbrüter und dienen zugleich als Rast- und Überwinterungsgebiete. Purpurreiher und Zwergdommel sind hier noch nachgewiesen, während Drosselrohrsänger und Beutelmeise inzwischen verschollen scheinen. Auf badischer Seite bildet die lokale Population der Knoblauchkröte einen Teil des Schwerpunktvorkommens in Baden-Württemberg. Mobilere Arten wie Wildkatze und Biber wandern gerade wieder ins Gebiet ein.

So bieten die verbliebenen Reste des badischen und pfälzischen Dschungels bei Karlsruhe noch immer zahlreichen spezialisierten Arten Lebensraum, nehmen die Auenrelikte zumindest Trittsteinfunktion im Biotopverbund ein. Und auch für Menschen, die stille Erholung suchen, haben die Rheinauen noch viel zu bieten. Der von der Stadt Karlsruhe geschaffene PAMINA-Weg zum Rhein erschließt Naturfreunden ein lohnendes Ziel.

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